Ganzes Interview mit Waltraud Haase und Noor Harkeem

Waltraud Haase (Erste Vorsitzende AsylPlus):

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, AsylPlus zu gründen und was war Ihr Ziel?

2013 wurde ich von der Tölzer Integrationsbeauftragten nach einem Deutschkurs für Geflüchtete gefragt. Zu dieser Zeit gab ich Mathematik-Nachhilfe an einer Mittelschule in Bad Tölz und führte dort ein Praktikumsprojekt durch. Ich erklärte mich bereit – unter der Maßgabe, dass der Unterricht online am Computer stattfindet. Rasch entwickelte sich eine umfangreiche Nachfrage, die durch nationale und internationale Presseberichte verstärkt wurde. Dank einer Petition im bayerischen Landtag wurde unser Angebot dem klassischen Deutschunterricht für Flüchtlinge gleichgestellt.

Welche Erfolge kann AsylPlus bis heute vorweisen?

Die Erfolge unserer Arbeit sehen wir am besten vor Ort, wenn Geflüchtete eine Ausbildung als Bäcker, Maler, Mechaniker, Arzthelfer oder Altenpfleger erfolgreich beenden oder Migranten im Heimatland erworbene Kenntnisse in einer Ausbildung einbringen und diese erfolgreich abschließen.

Sind Sie in bestimmten Orten bzw. für bestimmte Einrichtungen tätig?

Unser Hauptsitz befindet sich in Bad Tölz, wo uns die Stadt Laborräume und einen Schulungsraum stellt. Konkret tätig sind wir für die Unterkünfte in Bad Tölz, Geretsried und künftig auch in Wolfratshausen. Bei Bedarf schulen wir vor Ort – zuletzt in München und Aschaffenburg. Darüber hinaus können Helferkreise in ganz Deutschland Computer bei uns ausleihen.

Welche Pläne hat AsylPlus für die kommenden Jahre? Soll das Angebot ausgebaut werden?

2019 haben wir ein neues Ausbildungskonzept entwickelt – den „Classroom“, den wir 2020 zusammen mit der LMU München ausbauen wollen und der rund 40 Module zu verschiedenen IT-Themen einschließlich sozialer Medien beinhaltet. Falls wir entsprechende Mittel vom bayerischen Innenministerium erhalten, bauen wir auch wieder Arbeitsplätze auf: vom Ehrenamt mit Asylbewerbern über Praktika und 450-Euro-Jobs bis evtl. hin zu Fulltime-Jobs für Qualifizierte wie Noor Harkeem, die wir selbst ausbilden.

Noor Harkeem (Leiter Geschäftsstelle AsylPlus):

Aus welchem Land stammen Sie ursprünglich und wann sind Sie nach Deutschland gekommen?

Ich bin zusammen mit meiner Frau 2015 aus Bangladesch nach Deutschland geflüchtet. In Bangladesh lebten wir als in Myanmar verfolgte Rohingya in einem UNHCR-Camp, allerdings war die Situation für uns zunehmend gefährlich geworden.

Sie wurden selbst als Teilnehmer von AsylPlus betreut. Wie haben Sie damals von dem Angebot erfahren und was haben Sie Asylplus zu verdanken?

Im Juli 2016 fand ich durch Vermittlung der Bundesagentur für Arbeit bei AsylPlus einen Praktikumsplatz und erhielt dort sechs Wochen später eine Minijob-Stelle. Damals lebten wir noch in einer Flüchtlingsunterkunft und hofften auf Anerkennung. Im Oktober 2016 wurde dann mein Sohn Shayaan geboren. Frau Haase unterstützte uns auch während des Asylverfahrens, das wir 2017 mit einer Anerkennung abschließen konnten. Abends besuchte ich erfolgreich die Abendmittelschule in München, sodass ich im September 2017 einen Ausbildungsplatz an der Technischen Universität in München antreten konnte. Im August 2018 gab mir Frau Haase die Chance, eine Stelle als IT-Instruktor anzutreten und zu AsylPlus zurückzukehren. AsylPlus hat mir eine berufliche und private Startchance gegeben, wie sie mir kein anderes Unternehmen ermöglich hätte. Es ist mein Ziel, Geflüchteten diese Chance durch Ausbildung in IT und praktische Unterweisungen weiterzugeben.

Welche berufliche Tätigkeit üben Sie nun aus und was ist Ihre heutige Funktion bei Asylplus?

Heute arbeite ich als Leiter der Geschäftsstelle und leite die IT-Kurse bei AsylPlus. Ich betreue unser Internet in allen Unterkünften des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen und erledige die administrativen Arbeiten in der Geschäftsstelle.